Wahlprüfstein

Digitale Platt­formen für das Gemeinwohl

Die vierte Forderung aus der digitalen Zivilgesellschaft zielt auf eine nachhaltige Digitalisierung ab. Wir haben die Parteien zu ihren Positionen befragt, wie sie bei einer Regierungsbeteiligung zur Förderung gemeinwohlorientierter und genossenschaftlicher Plattformen stehen.

Wer will wie regulieren?

Die Wichtigkeit digitaler Plattformen scheint allen Parteien bewusst. Die CDU/CSU ordnet die Bedeutung ein als “zentrale[n] Baustein der digitalen Wirtschaft, weil sie als Schnittstellen fungieren und Wachstum befördern. Darum tragen sie eine besondere Verantwortung für den Wettbewerb.” Anschließend verweist die CDU/CSU auf bereits abgeschlossene Rechtsakte wie das Digitalisierungs-GWB sowie den Digital Services und Digital Markets Act. Gemeinwohlorientierte oder genossenschaftliche Plattformen bleiben hier unerwähnt.

Die FDP betont faire Rahmenbedingungen im Bereich der Plattformökonomie. Sie will große Digital-Unternehmen regulieren, die Zugänge zum Internet kontrollieren und damit deren Gatekeeper-Funktion einschränken: “Die Regulierung soll verhindern, dass Gatekeeper den Wettbewerb verzerren, indem sie sich beispielsweise bei Suchergebnissen selbst begünstigen, indem sie die Interoperabilität mit Angeboten anderer Unternehmen einschränken oder indem sie die Geschäftsdaten ihrer Partnerinnen und Partner in unlauterer Weise zum eigenen Vorteil nutzen”. Weil dies nicht national gelingen könne, unterstützen sie einen Digital Markets Act auf Ebene der Europäischen Union. In diesem Rahmen sieht die FDP Entfaltungsspielräume für genossenschaftliche Geschäftsmodelle und betont die Notwendigkeit einer Brücke zwischen Start-ups und hohen Vermögensbeständen institutioneller Anleger.

Die GRÜNEN wollen eine europäische, digitale Plattform in öffentlicher Trägerschaft. Dort sollen qualitativ hochwertige Inhalte mehrsprachig und ohne Werbung offen für Bürger*innen zugänglich sein und dank “technischer Offenheit, Interoperabilität und besten Datenschutzstandards kann sie darüber hinaus gerade auch für die Zivilgesellschaft und Bildungseinrichtungen als Kommunikationsplattform dienen”. Auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Auftrags soll diese zusammenarbeiten mit nationalen öffentlichen Rundfunkanstalten. Auch die SPD begrüßt Überlegungen zu einer europäischen Medienplattform, die Inhalte europäischer öffentlich-rechtlicher Medien grenzübergreifend zugänglich macht.

Die SPD spricht sich aus für die Unterstützung von Unternehmen, für die “der Sinn ihrer wirtschaftlichen Aktivität wichtiger ist als der kurzfristige Gewinn.” Entwickelt werden soll eine nationale Förderstrategie für gemeinwohlorientierte Unternehmen und soziale Innovationen, die auch die rechtlichen Rahmenbedingungen für gemeinwohlorientiertes Wirtschaften verbessert. Dezentrale Förderstrukturen sollen zu “Transformationszentren als Werkstätten des Wandels” gebündelt werden.

DIE LINKE möchte das Wettbewerbs- und Kartellrecht ändern, um Digital-Monopole aufzubrechen. Ferner fordern sie ein europäisches “Entflechtungsgesetz” sowie eine effektive Besteuerung der Digital-Konzerne. Plattformen sollen verpflichtet werden, ihre Daten mit öffentlichen Behörden zu teilen bzw. dies über “Datentreuhänder” abgewickelt, auf die auch gemeinwohlorientierte Akteur*innen Zugriff haben. Künstliche Intelligenz wollen sie “gesetzlich regulieren, um gemeinwohlorientierte Anwendung zu sichern und die Wahlfreiheit durch Interoperabilität und Datenportabilität zu erhöhen”. Die Förderung von Unternehmen durch öffentliche Mittel soll an gemeinwohlorientierten Zielen ausgerichtet werden.

Unsere Einschätzung

Wir begrüßen, dass einige Parteien weitere Regulierung bestehender Plattformen anstreben, insbesondere die Forderung zur Verfügbarmachung von Datensätzen. Ein klares Bekenntnis zum Aufbau eines Infrastrukturfonds für FOSS, den wir fordern, bleiben die Parteien allerdings schuldig. Dabei können nur freie und offene Plattformen der kritischen Kontrolle der Öffentlichkeit unterzogen und auf ihre Gemeinwohlverträglichkeit abgeklopft werden. Ein klares Bekenntnis zur Reform des Gemeinnützigkeitsrechts aller Parteien wäre überdies wünschenswert.

Katja Jäger, betterplace lab

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